Wirtschaftsverband Österreich 13.06.2009

Wirtschaftsverband Österreich

Tradition und Neubeginn
Die Verbundenheit der sozialdemokratischen Bewegung in Österreich mit den Selbstständigen hat in Österreich Tradition. Bereits 1897/98 wurde der „Verein sozialdemokratischer Gewerbetreibender“ nur neun Jahre nach dem Hainfelder Parteitag unter Viktor Adler gegründet. Mit Beginn der Ersten Republik 1919 wurde von den Selbstständigen der „Verband sozialdemokratischer Gewerbetreibender und Kaufleute“ ins Leben gerufen. Er wurde allerdings bereits im Jahr 1934 mit dem gewaltsamen Ende der Demokratie in Österreich wieder aufgelöst.
Die Gründung des Wirtschaftsverbandes unmittelbar nach Kriegsende war für viele Selbstständige ein Symbol für die Rückkehr der politischen Freiheit in unserem Land. Am 18. Mai 1945 versammelten sich erstmals FunktionärInnen des im Jahre 1934 aufgelösten „Verbandes der sozialdemokratischen Gewerbetreibenden und Kaufleute“, zu ersten Besprechungen und am 23. Juni tagte die erste Obmännerkonferenz, in deren Rahmen der Mitgliedsbeitrag mit 2 Mark festgelegt wurde.
Vorerst nannten sich die sozialdemokratischen Selbstständigen „Verband der sozialistischen Selbständigen Österreichs“ und nachfolgend „Verband der selbständig erwerbenden Sozialisten“. Doch bereits am 22. September 1945 einigte man sich auf die langjährige Bezeichnung „Freier Wirtschaftsverband Österreichs“.
Wenige Tage danach, am 6. Oktober 1945, wurden die Verbandsstatuten bei den zuständigen Behörden eingereicht und genehmigt. Damit war der „Freie Wirtschaftsverband Österreich“ offiziell zugelassen und die sozialdemokratische Interessensvertretung für Selbstständige neu geboren.
Vizekanzler Dr. Adolf Schärf referierte damals über eines der wesentlichsten Themen für die Wirtschaft in der unmittelbaren Nachkriegszeit - über den „Wiederaufbau Österreichs und die Selbständigen“,weiters war SPÖ-Vorsitzender Karl Seitz, Vizebürgermeister Paul Speiser sowie Dr. Julius Deutsch anwesend. An diesem Verbandstag wurden die ersten Verbandsstatuten beschlossen und es folgte Nationalrat Ludwig Kostroun auf den bisherigen Obmann Josef Jirava als Präsident des Freien Wirtschaftsverbandes Österreich nach.
Die Nachkriegsjahre waren geprägt vom Wiederaufbau der österreichischen Wirtschaft. Bereits 1946 wurde ein neues Handelskammergesetz beschlossen. Damit wurden die Fachorganisationen (Innungen, Gremien und Fachgruppen) in die Kammer einbezogen. Sie waren mit eigener Rechtspersönlichkeit und eigenem Budgetrecht ausgestattet.
Der „Freie Wirtschaftsverband Österreich“ trug wesentlich zu Verbesserungen für die Selbstständigen bei und engagierte sich intensiv bei der Erarbeitung diverser Novellen zum Handelskammergesetz. Viele Selbstständige fanden ihre wirtschaftspolitische Heimat im „Freien Wirtschaftsverband“ und so wurde die sozialdemokratische Interessensvertretung sowohl in ihrer Mitglieder- als auch in ihrer Mandatszahl kontinuierlich stärker und größer.
Bereits in den ersten Jahren des Wiederaufbaus konzentrierte sich die sozialdemokratische Interessensvertretung auf die Unterstützung der unzähligen Klein- und Mittelbetriebe. Zu den Hauptanliegen des Freien Wirtschaftsverbandes zählte seit jeher die Verbesserung des sozialen Schutzes des Selbstständigen und ihrer Familien. Jahrelang forderte der Verband und auch die politischen VertreterInnen der SPÖ einen gesetzlichen Schutz vor Not im Alter, bei Arbeitsunfähigkeit und bei Krankheit.
1957 war es endlich soweit und die Forderungen wurden auch von der konservativen Mehrheit im Parlament unterstützt. Der Nationalrat verabschiedete am 18. Dezember des selben Jahres ein Gesetz, mit dem die Gewerbepension eingeführt wurde.
Die Durchsetzung eines gesetzlichen Pensionsanspruchs für Selbstständige, die Einführung einer umfassenden Krankenversicherung, die beitragsfreie Mitversicherung der Familienangehörigen usw. waren nur einige der wichtigsten Verbesserungen dieser Jahre, die auf Initiative des Freien Wirtschaftsverbandes unter der Führung von Ludwig Kostroun zustande kamen.
Ein wesentliches Kennzeichen der wirtschaftspolitischen Orientierung des Freien Wirtschaftsverbandes war die enge Zusammenarbeit mit der SPÖ. Ersichtlich war dies in zahlreichen engen und erfolgreichen Kooperationen wie z.B. in der Unterstützung der Kandidatur des sozialdemokratischen Kandidaten zur Bundespräsidentenwahl 1963 oder des sozialdemokratischen Wiener Bürgermeisters Komm.-Rat Bruno Marek 1969.
 

Die Wirtschaft in der Ära Kreisky
Bei den Nationalratswahlen am 1. März 1970 erzielte die SPÖ erstmals in der 2. Republik die relative Mehrheit und Dr. Bruno Kreisky wurde Bundeskanzler. Die politische Wende in Österreich ging Hand in Hand mit den Handelskammerwahlen im selben Jahr und der Freie Wirtschaftsverband setzte sich stärker denn je, für die Interessen der Selbstständigen ein.
Hand in Hand mit der neuen Bundespolitik fand auch ein Generationswechsel im Freien Wirtschaftsverband statt. Präsident Ludwig Kostroun übergab im Jahr 1973 die Führung an Präsident Kurt Mühlbacher, der ebenfalls eng mit der Regierung Kreisky kooperierte, sodass entscheidende Maßnahmen für die Selbstständigen auf Initiative des Freien Wirtschaftsverbandes umgesetzt werden konnten.
Mit der Regierung Kreisky gelang der entscheidende Durchbruch im Kampf um ein zeitgemäßes Sozialrecht für Selbstständige und ihre Familien, sowie die Abschaffung der progressionsverschärfenden Haushaltsbesteuerung und die Anerkennung des Dienstverhältnisses des im Betrieb mittätigen Ehepartners. Weiters wurde eine neue Gewerbeordnung, an der alle früheren Regierungen unter ÖVP-Führung gescheitert waren beschlossen und in Folge weiter modernisiert. Die Förderung junger UnternehmerInnen wurde stark ausgebaut, die Bürges-Aktionen für Handel, Gewerbe und Fremdenverkehr wesentlich verbessert und es wurden zusätzliche Förderungsaktionen, beispielsweise für Tourismusbetriebe und zum Schutz der Nahversorgungsförderung ins Leben gerufen. Schlussendlich wurde in dieser Zeit auch die ArbeiterInnen-Abfertigungskassa gegründet, eine Einrichtung, mit der während ihres Bestehens bis 1989 unzähligen Selbstständigen wirksam geholfen werden konnte.
Der Freie Wirtschaftsverband trug vor allem in der Ära Kreisky wesentlich dazu bei, dass Sozialdemokratie und Wirtschaft kein Widerspruch mehr waren, sondern vielmehr eine Einheit wurden. Vor allem die Förderung der Unternehmerinnen lag der sozialdemokratischen Bundesregierung am Herzen.
Durch Mitwirkung am Wirtschaftsprogramm und Stimmrecht im SPÖ-Bundesparteivorstand, sowie durch VertreterInnen des Freien Wirtschaftsverbandes im Nationalrat wie beispielsweise Ludwig Kostroun, Kurt Mühlbacher und Herbert Schmidtmeier war gewährleistet, dass der Freie Wirtschaftsverband eine starke Stimme in der Sozialdemokratie hatte.
Aber auch die VertreterInnen der SPÖ waren um eine starke Kooperation mit dem Verband bemüht und gern gesehene Gäste bei Wirtschaftskonferenzen. Besonderer Schwerpunkt in diesen Jahren war die Erarbeitung des „Zielprogramms für die gewerbliche Wirtschaft“ und nachfolgend des „Zielprogramms für die 80er Jahre“ durch PraktikerInnen und ExpertInnen aus der Wirtschaft. Darin wurde festgelegt, wie die Rahmenbedingungen beschaffen sein müssen, die es Klein- und Mittelbetrieben ermöglichen, im wirtschaftlichen Wettbewerb erfolgreich zu bestehen.

Wirtschaftspolitik im Zeichen der Koalition
Auch nach dem Verlust der absoluten Mehrheit der SPÖ im Nationalrat und dem internationalen Ende der Ära langer Hochkonjunkturphasen arbeitete der Freie Wirtschaftsverband eng mit den sozialdemokratischen Ressortverantwortlichen der Bundesregierung zusammen.
Im Mai 1987 wechselte der Vorsitz im Freien Wirtschaftsverband. Präsident Herbert Schmidtmeier folgte auf Kurt Mühlbacher, der von 1973 bis 1987 die Geschicke des Verbandes leitete.
Der Freie Wirtschaftsverband engagierte sich in diesen Jahren intensiv in der Frage des Gewerberechtes. Dieses Engagement floss vorerst 1992 in der Gewerbeordnungsnovelle zur Gewerbeordnung von 1973 ein, in der es gelang, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in bedeutenden Bereichen zu verbessern. Beispiele dafür sind die gesetzliche Verankerung des Begriffes „Meister“, ein reformiertes Betriebsanlagenrecht, den Verzicht auf Konzessionen und die Einführung von Bewilligungen, die Einführung der Unternehmerprüfung zum Nachweis der betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnisse usw. Auch in Novellierungen des Gewerberechts der folgenden Jahre war der Freie Wirtschaftsverband intensiv eingebunden und vertrat die Interessen der Klein- und Mittelbetriebe.
1993 änderte die Handelskammerorganisation ihre Bezeichnung in "Wirtschaftskammer". Einen weiteren markanten Eckpunkt stellt die 1995 durchgeführte Mitgliederbefragung dar, die alle mit Pflichtmitgliedschaft ausgestatteten Interessenvertretungen aufgrund der öffentlich aufgeflammten Diskussion über die Pflichtmitgliedschaft im Auftrag der Bundesregierung durchzuführen hatten. Der Freie Wirtschaftsverband unterstützte den Vorschlag der Befragung der Mitglieder und empfahl den UnternehmerInnen die Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft. Die für die Wirtschaftskammerorganisation wesentliche Pflichtmitgliedschaft wurde dabei von einer deutlichen Mehrheit ihrer Mitglieder (82 %) befürwortet.
Im darauf folgenden Jahr trat Dr. René Alfons Haiden die Nachfolge von Kurt Schmidtmeier an. Unter seiner Führung übernahm der Freie Wirtschaftsverband die Rolle die heimischen Betriebe sachlich und gezielt über die Auswirkungen und Chancen des Beitritts Österreich zur Europäischen Union zu informieren. Durch konkrete und praxisbezogene Informationen, Fachvorträge und eigene Studienfahrten nach Brüssel bot der Verband den UnternehmerInnen die Möglichkeit, die auf ihren Betrieb zukommenden neuen Herausforderungen selbst zu beurteilen. Am 1.1.1995 trat Österreich offiziell der Europäischen Union bei.
Darüber hinaus machte der Freie Wirtschaftsverband mit einer Kampagne die heimischen Klein- und Mittelbetriebe auf die Geschäftschancen in den so genannten „Drittstaaten“, das waren vor allem die Länder in Mittel- und Osteuropa, aufmerksam. Für Interessenten wurden Beteiligungen an Wirtschaftsmessen auf diesen möglichen Zukunftsmärkten in unserer Nachbarschaft organisiert.
Nach dem Rücktritt von Dr. Franz Vranitzky im Jänner 1997 wurde Bundeskanzler Mag. Viktor Klima wichtigster Ansprechpartner der Regierung für Dr. René Alfons Haiden.
Nach langwierigen und kritischen Diskussionen stimmte der Freie Wirtschaftsverband schlussendlich dem neuen Wirtschaftskammergesetz, das am 1. Jänner 1999 in Kraft trat, zu. Es löste somit das Handelskammergesetz von 1946, das in den über fünfzig Jahren seiner Gültigkeit elf Mal novelliert worden war, ab. Wesentliche Neuerungen des Gesetzes sind die Änderung des Wahlrechtes sowie eine Straffung der Organe der Wirtschaftskammerorganisation.
Für Klein- und Mittelbetriebe in Zeiten von Schwarz-Blau
Die SPÖ erreichte bei den Nationalratswahlen die relative Mehrheit an Stimmen. Obwohl die ÖVP nur den dritten Platz einnahm, bildete Dr. Wolfgang Schüssel gemeinsam mit der FPÖ die nächste Regierung und die SPÖ ging im Jahr 2000 erstmals nach 30 Jahren in die Opposition. Auf Parteivorsitzenden Mag. Viktor Klima folgte Dr. Alfred Gusenbauer, der seither ebenfalls wichtiger Partner des Freien Wirtschaftsverbandes ist.
Die Arbeit von Präsident Haiden war seit seinem Amtsantritt 1994 von zwei wesentlichen Strömungen gekennzeichnet: Erstens die verbandsinternen Reformbestrebungen und zweitens sein starkes internationales Auftreten für die Interessen der heimischen UnternehmerInnen. Nachdem der Freie Wirtschaftsverband bei den Wirtschaftskammerwahlen bundesweit leichte Verluste hinnehmen musste, waren die folgenden Jahre der Wahlvorbereitungen für 2005 gewidmet. Am Verbandstag 2003 in Graz wurde Dr. Haiden als Präsident bestätigt, Dr. Christoph Matznetter als einer von vier Vizepräsidenten gewählt und der vormals „Freie Wirtschaftsverband“ in „Wirtschaftsverband“ umbenannt.
Inhaltlich blieb der Wirtschaftsverband den Klein- und Mittelbetrieben treu und engagierte sich stärker denn je für sie. Die Wirtschafts- und Steuerpolitik der schwarz-blauen Bundesregierung hinterließ tiefe Einschnitte bei den Klein- und Mittelbetrieben, da sie fortan mit der sinkenden Kaufkraft der KonsumentInnen zu kämpfen hatten, im Gegensatz zu Großbetrieben keinerlei Steuererleichterungen erfuhren und keine soziale Absicherung erhielten. Die Antwort seitens des Wirtschaftsverbandes auf diese Politik war eindeutig: Mit Dr. Christoph Matznetter wurde ein anerkannter Wirtschafts- und Steuerexperte zum Spitzenkandidaten. für die Wirtschaftskammerwahlen 2005 nominiert. Der Verbandsvorstand beschloss 2004 einstimmig sich noch eindeutiger als bisher auch namentlich zu seinen sozialdemokratischen Wurzeln zu bekennen und kandidierte unter der Bezeichnung „Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband“. Und die FunktionärInnen engagierten sich noch nachhaltiger als bereits bisher für die Zielgruppen der Frauen, der ZuwanderInnen und der Kleinst- bzw. Einpersonenunternehmen.
Mit dem kompetenten Spitzenkandidaten Dr. Christoph Matznetter sowie einem erstmals zentral koordinierten Wahlkampf und dadurch besonders motivierten FunktionärInnen erzielte der Wirtschaftsverband (mit einem Plus von 3,3%) 13,1% der Stimmen das beste Ergebnis in der Geschichte der Wirtschaftskammerwahlen.
Der Wirtschaftsverband wird auch in Zukunft konstruktive und kritische Mitarbeit in der Wirtschaftskammer und in der österreichischen Wirtschaftspolitik leisten. Und stets zum Wohle der Klein- und Mittelbetriebe, die die heimische Wirtschaft ausmachen, arbeiten!
 

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