Zwei Altstadtfassaden in Innsbruck.
Inmitten der Innsbrucker Altstadt, in unmittelbarer Nachbarschaft zum berühmten Goldenen Dachl, befinden sich in der Herzog-Friedrich-Straße typische Innsbrucker Altstadthäuser, deren bauliche Substanz bis Ende des 15. Jahrhunderts zurückreicht. Beim Elferhaus handelt es sich um ein Giebelhaus mit spitzbogiger Laube und Polygonalerker. Das Hinterhaus ist angebaut und über einen Lichthof durch einen spätgotischen Arkadengang verbunden. Dieser Arkadengang zeigt einerseits bereits Merkmale der Frührenaissance, das kommt insbesondere durch die runden Bögen und entsprechenden Säulen zum Ausdruck und andererseits sind auch noch wesentliche Elemente der Spätgotik vorhanden. Der Weg zu den Hinterwohnungen führt durch Spitzbogenportale. Im dritten Stock des Hauses befinden sich in den straßenseitig positionierten Räumlichkeiten im oberen Bereich der Seitenwände restaurierte Wandmalereien spätgotischen Stils.
Die Grundsubstanz beider Häuser ist an der Zeitenwende von der Gotik zur Renaissance errichtet worden, wobei diese Zeitenwende im Tiroler Raum etwas später als im Rest Europas eingesetzt hat. Ein Umstand, der trotz der globalen Vernetzung auch heute noch für den Innsbrucker Raum Gültigkeit hat.
Während das Haus 9 eine deutliche Quergliederung in jedweder Hinsicht fassadenseitig aufweist strebt das Elferhaus in die Höhe und wirkt dadurch, trotz annähernd derselben Breite etwas schmäler. Beide Putzfassaden ruhen auf einem soliden Natursteinsockel, der zum Teil bis in eine Höhe von 10 Metern reicht. Beide Fassaden zeigten ein einheitliches Erscheinungsbild in Bezug auf Qualitäten und Schadensbildern. Das ist darauf zurück zu führen, dass beide Häuser bis vor wenigen Jahrzehnten über die Geschoßebenen hinweg genutzt und auch gemeinsam durch Eigentumsanteile verbunden waren. Notwendige Reparaturen sind somit immer gleichzeitig erfolgt, eine Tradition die auch heute noch gepflegt wird. Bei der jüngsten Farboberfläche die vor ca. 40 Jahren aufgebracht worden ist handelte es sich um ein Kaliwasserglassystem mit einer stark kreidenden Oberfläche. Darunter befindet sich ein ebensolches System, wobei beide Häuser noch ein einheitlichen Farbkonzept aufwiesen. Die Nullfläche war in einem doch relativ kräftigen Orangerot gehalten während die dekorativen Putzelemente einen Gelbockerton aufwiesen. Darunter befindet sich bereits auf der gesamten Fassade die Putzoberfläche, die eine große Härte aufgrund der Behandlungen mit Wasserglas aufweist. Diese Umstände geben Aufschluss darüber, dass die gesamte Fassadenoberfläche kaum älter als 100 Jahre sein dürfte. Wenn man überdies berücksichtigt, dass die Wasserglastechnik erst Ende des 19. Jahrhundert von A.W. Keim zur Marktreife entwickelt worden ist und die in den Putzen teilweise enthaltenen Zementanteile auch erst frühestens um 1900 zum Einsatz kommen konnten, hat man hier eine relative Gewissheit, dass man zu diesem Zeitpunkt die Fassade einer „Generalsanierung“ unterzogen haben muss. Ältere Oberflächen finden sich ausschließlich dort, wo dieser Neuputz sich löste und fragmentarisch ältere Oberflächen freigab, wie dies im Bereich des Fenstersturzes im ersten Stock der Fall ist. Für die Aufstellung des Gerüstes hat man die Fa. Roman Mair aus Natters engagiert, da diese im Bereich von Altbauten und den damit verbundenen Schwierigkeiten, wie Erkern und hängenden Fassaden Erfahrung hat und grundsätzlich in Fachkreisen dafür bekannt ist eine gute Qualität zu liefern. Nach der mechanischen Reinigung der Fassade konnte mit der Putzkonsolidierung begonnen werden, die mit direkt gelöschtem Kalkmörtel durchgeführt wurde. Feine Haarrisse hat man bewusst nicht verspachtelt, da diese später mit dem Farbmaterial zugeschlämmt werden konnten. Die relativ stark kreidende Oberfläche konnte mit einer 50%-igen Wasserglaslösung gefestigt werden worauf in Wasserglastechnik als erste Grundierung Keim Purkristallat zur Anwendung kam. Die beim Haus 9 gewählten Ockertöne stellten sich sofort als Ideallösung heraus, während beim Haus 11 etwas nachjustiert werden musste.
Nachdem die Grundsubstanz des Hauses bis in die Zeit der Gotik zurückreicht und diese eine sehr farbenfrohe Periode war in der kaum ein Kunst- oder Bauwerk ohne entsprechende Ausgestaltung die Meisterhand verließ, entschied man sich für einen, eben auch dieser Zeit entsprechenden Farbton. So konnten die Schlussanstriche mit der Keilerbürste zu einem erfolgreichen Ende geführt werden, wobei im unteren Bereich der Fassade, der stärkerer Verwitterung ausgesetzt ist, noch ein dritter Anstrich ausgeführt wurde. Die Erkerbedachungen erhielten einen Minium- und Ölfarbenanstrich in Anthrazit und bei den außenliegenden Fensterstöcke und Fenster konnte mit einem Pflegeanstrich bei entsprechenden Vorarbeiten das Auslangen gefunden werden.
Farbtöne aus der Keim Palette:
Oberflächen in Wasserglastechnik weisen, so wie auch Kalkanstriche, eine natürliche Lebendigkeit auf, die auf das transparente Bindemittel zurück zu führen ist. Das Material härtet in Kristallen aus und das Licht wird direkt vom Pigment reflektiert, während es bei organischen Bindemitteln von einem milchigen Schleier umgeben ist. Aufgrund dieser speziellen Eigenschaften bleibt auch die Werkspur des Handwerkers erhalten. Darüber hinaus haben sich Farben auf der Basis von Kaliwasserglas als höchst resistent gegenüber Luftschadstoffen jedweder Art erwiesen. Aufgrund von umfangreichen Verbesserungen im Schadgasbereich (SO2 aus Heiz- und Verbrennungsanlagen sowie dem Verkehr) können hingegen auch Kalkoberflächen seit mehreren Jahren schon, auch im innerstädtischen Bereich, wieder zum Einsatz kommen. Bei den beiden Häusern ist jedenfalls die Materialwahl so gefallen, dass die Kalkoption auch in Zukunft gewahrt bleibt.
Mehr Information über Details sowie weitere Fassadenprojekte gibt es unter http://members.aon.at/follmann.
Text und Fotos: Günther Follmann
2008-04-14